Antón, Provinz Coclé – November 2015
Ich beschließe, meine letzten gut drei Wochen in der Coclé-Provinz zu bleiben und diese weiter zu erkunden. Noch rechtzeitig vor den Feiertagen finde ich die „Villa Astoria“, eine nette Pension in der kleinen Stadt Antón. Jetzt ist Antón sicher nicht der Nabel der Welt, aber ich möchte hier ja auch nicht den Nabel der Welt, sondern Herz und Seele Panamas kennenlernen. Auch strategisch liegt der Ort zentral und günstig an der Panamericana und ich habe von hier aus kurze Wege in nahezu alle Richtungen der Provinz.
Ich habe ein kleines Zimmer und eine Gemeinschaftsküche. So besorge ich mir erst mal einige Lebensmittel, denn selbst gekocht habe ich schon längere Zeit nicht mehr.
Es ist der 3. November. Nationalfeiertag. Gefeiert wird die Unabhängigkeit von Kolumbien im Jahre 1903. Diese Unabhängigkeit entstand damals wohl weniger aus der Volksseele heraus, sondern auf Bestreben der USA. Diese taten das, was sie auch heute noch am besten können: separatistische Bewegungen in anderen Ländern unterstützen, um eigene Interessen durchzusetzen. Als man sich mit Kolumbien seinerzeit nicht über die genauen Modalitäten des Kanalbaues einig wurde, strebte man erfolgreich die Abspaltung Panamas von Kolumbien an. Dies gilt als Meisterstück der Diplomatie und als Vermächtnis von Präsident T. Roosevelt. Gefragt wurde nicht viel.
Macht so was heute ein anderer Präsident, nennen wir ihn mal Putin, um die Interessen eines anderen großen Landes zu wahren, nennen wir es mal Russland, und geht es dabei um seinen einzigen Schwarzmeer-Zugang vor der eigenen Haustür, nennen wir dieses Gebiet mal Krim, und findet das ganze auch noch unter Volksabstimmung statt, dann ist das natürlich eine völkerrechtswidrige Annexion oder Besatzung und wird international geächtet…
Das alles scheint die meisten Leute nicht zu stören, auch mich gerade nicht, es wird gefeiert. Schon Wochen vorher im ganzen Land üben zahllose Musikkorps – ich nenne sie mal so – in den Schulen und an öffentlichen Plätzen und ziehen heute mit Pauken und Fanfaren durch die Stadt. Alle sind festlich gekleidet und tragen traditionelle Trachten. Die Musiker meine ich. Traditionell ist natürlich auch das Biertrinken. Diesem kann ich mich inmitten der bunten Gesellschaft am wenigsten entziehen.
Vor meinem Hotel an der Straßenecke sitzen ganze Familien zusammen vorm Haus. Es wird gelacht, gefeiert, erzählt, einer bringt sogar einen echten Jungbullen an der Leine mit vors Haus (nein, gemeint ist wirklich ein Tier; Polizisten laufen auch hier meist zu zweit und sind nicht angeleint). Ich merke schon, der Alkohol wirkt… Es macht Spaß, es wird spät, ich bin erledigt und gehe schlafen.