Finca Los Perezosos und Zuckerrohr – November 2015
Ich hörte von einem Amerikaner, der hier ganz in meiner Nähe eine Permakultur-Farm betreibt, die Finca Los Perezosos, etwa 25 Minuten nördlich von Penonomé. Wer´s noch nie gehört hat: Permakultur beruht im Wesentlichen auf der Schaffung und der Einhaltung natürlicher Kreisläufe bei der Kultivierung von Nutzpflanzen und der Haltung von Tieren. Alles ergänzt sich, hält sich gegenseitig Schädlinge vom Hals und gedeiht fast ohne menschliches Eingreifen – so mein bisheriger Wissensstand knapp zusammengefasst. Dazu gleich mehr.
Das alles interessiert mich nicht zuletzt auch deshalb, weil ich ja selbst hier in Panama einmal anfangen möchte, meine eigenen Lebensmittel zu erzeugen. Soweit wie möglich kann ich mich dann künftig zu einem gewissen Teil selbst versorgen und vielleicht sogar einige Produkte weiterverkaufen.
Meine Mitbewohnerin Cindy ist auch heute wieder dabei, wir machen uns auf Richtung Rio Zaratí, einem der schönsten und saubersten Flüsse die ich bisher im Land gesehen habe.
Unterwegs biegen wir spontan mal links und mal rechts ab, sobald einer von uns eine entsprechend befahrbare Straße entdeckt. Der Ruf „Rocky Road!“ bürgert sich diesbezüglich bei uns ein. Ich weiß nicht mehr genau wo es war, doch kommen wir auf diese Weise in ein kleines Örtchen, direkt am Zaratí-Fluß gelegen.
Ein Dorfbewohner kommt des Weges, ich grüße ihn und frage ihn was es hier schönes zu sehen gibt. Mit meinen noch etwas limitierten Spanisch-Kenntnissen fällt mir keine geistreichere Frage ein, dennoch interessiert mich die Gegend und der Ort. Freundlich wie er ist, und auch die meisten anderen Menschen, lächelt er und sagt wir sollen ihn kurz begleiten.
Zuckerrohr aus Panama
Ein paar Schritte hinunter zum Flußufer und da steht sie: Eine Zuckerrohr-Presse ! Zuckerrohr gehört in Panama und auch speziell hier in der Coclé-Provinz zu den meist angebauten Kulturen. Kein Wunder also, das sich hier viele Bauern mit dem Anbau, dem Verkauf und der Verarbeitung von Zuckerrohr ihren Lebensunterhalt verdienen.
So erklärt uns unser Begleiter auch gleich den Betrieb dieser Presse, obwohl grade keine Produktion war. Nun, man arbeitet hier eben nur wenn man muss.
Bei dieser Zuckerrohr-Presse wird nun ein Pferd eingespannt, welches im Kreis um die Presse herumläuft. Zwei gegeneinander rotierende Walzen werden dadurch in Bewegung gesetzt. Zwischen diese Walzen wird das Zuckerrohr dann eins nach dem anderen hindurchgeführt und ausgepresst. Der Saft wird in ein untenstehendes Gefäß geleitet, getrocknet bis er kristallisiert, und dann weiterverarbeitet.
Wir beiden Gringos finden es klasse, ich stelle mir gerade umgekehrt vor, ein Panameno kommt mal nach Deutschland, geht auf einen Bauernhof und schaut sich dort einmal die Produktion an. Wird sich jemand Zeit für ihn nehmen ? Wird er mit dem gleichen Respekt und Liebenswürdigkeit empfangen wie wir ?
Ich komme nicht dazu diesen Gedanken zu Ende zu denken, denn ein heftiger Mittags-Schauer geht über uns hernieder und wir drei machen uns schleunigst auf ins schützende Auto. Dort bedanken wir uns bei unserem Zuckerrohr-Führer, leider habe ich es mit Namen nicht immer so. Wir stecken ihm jeder einen Dollar zu, und er läuft die paar Schritte bis zu seinem Haus durch den strömenden Regen.
La Iguana
Der Spuk dauert noch etwa eine halbe Stunde, dann klart es wieder auf und wir machen uns auf den Weg zum eigentlichen Ziel, der Finca Los Perezosos. Auf dem Weg dorthin kommen wir an der „La Iguana“ vorbei, einem kleinen Öko-Resort mit Restaurant. Wir kehren ein, bestellen uns ein recht ordentliches Mittagessen mit Kartoffeln, Schweinefleisch und Hühnchen. Typische Panama-Küche, aber recht gut. Abwechslung darf man diesbezüglich hier nicht erwarten.
Eine Gruppe Senioren, etwa 20 an der Zahl, feiert nebenan irgendetwas, alle sind lustig drauf und auch schon ein bisschen angetüddert.
Die Finca der Faulen.
Wir fahren weiter und kommen an die Finca Los Perezosos. Das Wort „perezoso“ bedeutet so viel wie „faul“ oder „bequem“ und der Name der Finca rührt eben daher, dass die Permakultur-Methode es den Bauern eben erlaubt, „faul“ zu sein, da alles seinen natürlichen Kreisläufen folgt, ohne dass der Mensch großartig eingreifen muß.
Eine Stahlbrücke führt über den Fluß bis zur Finca, sie ist offenbar für Fahrzeuge geeignet. Ich traue dem Braten aber noch nicht, und wir beide gehen zu Fuß rüber. So sieht man auch viel mehr. Natürlich ist die Finca eingezäunt. So bleiben wir heute nur in der Nähe des Flusses, machen ein paar Fotos und lauschen dem Rauschen des Wassers. Mir ist klar, dass ich hier nochmal alleine her muss, mit etwas mehr Zeit, um vielleicht einen Ortskundigen zu treffen oder gar den Besitzer.
Spätnachmittags zurück in Antón, setze ich mich an den Computer, arbeite ein wenig, nehme mir dann eine meiner Zigarren und laufe die zwei Minuten zum Marktplatz. Wie fast jeden Abend setze ich mich auf eine Parkbank, beobachte die Kids beim Skateboardfahren oder Fußballspielen und gehe meinen Gedanken nach…
Mann, Dir geht’s doch hervorragend. Du könntest jetzt auch weiterhin im kalten Deutschland sein, deiner langweiligen Büroarbeit nachgehen, dich abends völlig platt vor die Glotze setzen und von fernen Ländern nur träumen… Pah! Das was ich hier bis jetzt alles erlebt und gesehen habe, habe ich in zehn Jahren zuvor nicht erlebt! Keineswegs ist mein Leben langweilig, nur das tägliche Hamsterrad wurde mir zunehmend zu eng und zu ungemütlich.
Ich denke aber lieber an heute und nicht an gestern, so lasse ich den Tag jetzt gemütlich ausklingen. In der Pension trinken wir am Abend zusammen mit unserer Wirtin noch ein Glas guten chilenischen Rotwein und dann falle ich ins Bett…