Weichen stellen.

Noch immer haben wir hier in Panama eine totale Ausgangssperre mit streng geregeltem „Freigang“. Dieser Samstag heute wurde nun schon zum dritten mal in Folge zum zusätzlichen Quarantäne-Tag gemacht, so dass Männer wieder einen Tag weniger für Besorgungen haben. Immerhin hat der Präsident angekündigt, an diesem Wochenende alle vorliegenden Entwürfe und Konzepte für eine Rückkehr zur Normalität zu analysieren und die Weichen zu stellen für die kommenden Wochen und Monate. Da dürfen wir in ein paar Tagen also mit neuen Anweisungen rechnen.

Derzeit nicht gut sieht es für den Bausektor im Lande aus, eine der wichtigsten Branchen in Panama. Dessen Rückkehr zur Normalität wurde schon mal um weitere 30 Tage auf den 23. Mai verschoben. Verschoben auf den 23. Mai wurde auch die Öffnung der Flughäfen für den Passagierverkehr, so dass Reisende das Land dann wieder besuchen können. Unter welchen Auflagen, ist noch unklar.

Alltag

In Panama gibt es keine generelle Maskenpflicht, jedoch die strengste Empfehlung, eine solche zu tragen. So bin ich dann vor ein paar Tagen zum Einkaufen nach Aguadulce gefahren. Auch um mir so ein Ding zu besorgen. Vorm Supermarkt eine recht lange Schlange, und kein Einziger ohne Maske. Nur ich. Die Schlange gilt jedoch nur für den Bezahl-Service „epago“. Da ich nur Einkaufen will, kann ich direkt rein. In der Apotheke drinnen frage ich nach Masken, haben sie aber nicht. Wäre ja auch Quatsch, wenn ausgerechnet eine Apotheke jetzt Masken verkaufen würde… Aber nebenan im „Todo A Dollar“, einem Billig-Laden, gibt’s welche. Supi, das Leben hat wieder einen Sinn und der Tag Struktur… 😉

Eigentlich bin ich gut bevorratet, so dass ich nicht unbedingt mehr als nötig raus muss. Der kurzfristig angewiesene zusätzliche Quarantäne-Samstag hat mich aber dennoch ein bisschen überrascht. Ich wollte mir eigentlich noch ein paar Erfrischungsgetränke kaufen, wenn ich schon kein Bier bekomme. Also gehe ich am Frauen-Freitag mal rüber zu meiner Nachbarin, frage sie ob sie mit mir ins Dorf fährt und mir ein paar Getränke kaufen könnte. Machen wir glatt, ich bleibe vorm Laden im Auto sitzen, und sie nimmt für sich dann auch gleich einen neuen Gas-Tank mit.

Reparaturen

In Panama darf einem dieser Tage einfach nichts kaputt gehen. Nicht am Haus, nicht am Auto, nicht am Körper. Keine Werkstatt, keine Baustoff-Handlung und kein Handwerker ist derzeit offiziell verfügbar. Das derzeitige Horrorszenario eines normalen Arzt- oder Krankenhaus-Besuches möchte ich mir mal lieber nicht ausmalen.

Natürlich geht mir aber ausgerechnet jetzt eine Wasserleitung kaputt. Nicht im Haus, sondern an der Zuleitung draußen. Zum Glück hab ich immer Flickzeug, Verbindungsstücke und Kleber im Haus. Aber wenn schon dann wollte ich statt flicken gleich das ganze Rohr auf einer Länge von etwa zehn Metern austauschen. Also, immer noch Frauen-Freitag, Notfall, nochmal ab ins Dorf. Leider keine Rohre dieser Größe zu bekommen. OK, also flicke ich die undichte Stelle wieder provisorisch zusammen und hoffe dass es´ne Weile hält.

Panama Solidario

Die Regierung in Panama hat seit Beginn dieser Krise immerhin ein Hilfspaket aufgelegt, bei dem freiwillige Helfer kostenlose Lebensmittelpakete sowie frisches Obst, Gemüse und Geflügel an Bedürftige verteilen. So waren sie auch vor ein paar Tagen bei mir. Auch wenn ich dieses Hilfsangebot nicht angenommen habe, freue ich mich sehr, dass ich hier genau so berücksichtigt werde wie meine Nachbarn. Dafür habe ich mich bedankt und meinerseits Hilfe und Unterstützung zugesagt. Einen kleinen Scherz kann ich mir am Schluss aber dennoch nicht verkneifen, als ich sie frage, welche Biersorten sie denn dabei hätten… 😉

Nach vorne blicken

Im ersten Moment erscheinen uns allen die nächsten Tage und Wochen als besonders wichtig, in denen es erst mal um die Lockerung und Aufhebung dieser ganzen teils übertriebenen Corona-Maßnahmen geht. Aber wie sieht Panama und der Rest der Welt in ein paar Monaten und in ein paar Jahren aus ? Können wir uns künftig noch frei bewegen, ohne überall digitale Spuren zu hinterlassen und ohne unsere Freiheit und Unversehrtheit teuer zurückkaufen zu müssen ? Bleibt Panama – um beim Thema zu bleiben – auch in Zukunft ein attraktives Land zum Leben und Auswandern ?

Auf jeden Fall bleibt Panama ein Land zwischen zwei Ozeanen mit tropischen Temperaturen um die 30 Grad das ganze Jahr über. In guten wie in schlechten Zeiten schon mal ein Standort-Vorteil. Wie sich Staat und Gesellschaft nach dieser Krise entwickeln und positionieren, ist derzeit genau so unklar wie in anderen Ländern auch. Manche Leute reden hier schon von „Flucht aus Panama“, ohne einen Plan zu haben, wo es derzeit oder in Zukunft anders oder gar besser sein soll. Jetzt gerade weht hier nun mal ein rauer Wind, der manch einen gleich mal komplett aus seiner Komfortzone herausgepustet hat.

Panama ist nicht gleich Panama

Von Anfang an hatte ich mich entschieden, in Panama draußen in der Natur auf dem Lande zu leben, und nicht in der Stadt oder in einer der beliebten Auswanderer – Gegenden. Ein bisschen fern von der Zivilisation eben, die aber auch wiederum nicht allzu weit entfernt liegt. Noch im Januar habe ich hier einen Beitrag mit dem Titel „2020 kann kommen“ verfasst und mich dabei auf ein weiteres, spannendes Jahr hier in Panama gefreut. Nun ja, dass dieses Jahr nur sechs Wochen später so krasse Veränderungen bringt, habe ich natürlich nicht geahnt, schon gar nicht in diesem Ausmaß. Immerhin, wenn ich morgens aufstehe, am Tag über meine kleine Finca laufe oder mal einen Spaziergang in den benachbarten Wald mache, merke ich von dem ganzen Quarantäne-Kram eigentlich gar nichts. Meine wenigen Nachbarn gehen auch ganz normal ihren Arbeiten auf dem Hof nach, und, ganz wichtig, niemand leidet hier draußen in meinem Umfeld große Not. Einfache Lebensmittel wie Mais, Bananen, Yucca, Zitrusfrüchte oder auch Hühner hat hier faktisch jeder selbst. Genug Wasser sowieso.

Wenn ich mir gerade jetzt vorstelle, in einem Appartement oder sonst wo eingesperrt zu sein, mit dem Bewegungsradius eines Bierdeckels, wo mir die Nachbarn auch noch auf die Pelle rücken, dann bin ich gerade jetzt besonders froh, hier draußen zu leben.

Soylent Green

Was mir dann doch ein wenig Sorge macht, ist die weltweite Lebensmittelproduktion. Normalerweise ist doch jetzt im Frühjahr fast überall Zeit zur Aussaat und zum Pflanzen, oder ? Klingt vielleicht komisch, aber… denkt da auch gerade jemand dran ? Sonst haben wir spätestens im nächsten oder übernächsten Jahr auch noch eine Hungersnot. Nicht dass uns dann ein Szenario wie im Film „Soylent Green“ von 1973 mit Charlton Heston droht. Dort gibt es in der überhitzten 40-Millionen-Metropole New York der Zukunft kaum noch natürliche Lebensmittel, sondern nur noch drei Sorten synthetischen Protein-Mix, Soylent Rot, Soylent Gelb und das titelgebende neue Soylent Grün.
Übrigens… der Film spielt im Jahre 2022…

Bis zum Jahre 2022 muss und sollte man aber jetzt nicht warten, um seine Zukunftspläne zu schmieden. Sollte Panama dabei eine Rolle spielen; und gelingt es dem Land, schnellstmöglich wieder zur Normalität zurückzukehren, dann bleibt das Leben hier in Panama auch weiterhin interessant. Draußen auf dem Lande sowieso. Wer sich ebenfalls für das Landleben etwas abseits der Zivilisation begeistern kann, und wer bereit ist, dafür auch ein bisschen Geld und vor allem Arbeit zu investieren, der kann sich hier ja einmal umschauen: (Klick auf das Bild!)