Eine Woche Panama im Juli 2017 – Fortsetzung
Das Leben in Panama ist selbstverständlich angenehm, schön warm und entspannt. Doch niemand soll sagen, dass Auswanderer wie ich immer nur über die schönen Dinge in einem exotischen Land sprechen. Sonne, Palmen, Strand und coole Drinks das ganze Jahr über sind eine Seite des Lebens. Eine Woche Panama kann aber auch ganz gewöhnlich, traurig oder ernüchternd sein.
Ganz gewöhnlich – wenn auch komplett anders als in Deutschland zum Beispiel- war diese Woche meine Kennzeichen-Erneuerung für´s Auto, was Du HIER noch einmal lesen kannst.
Das Leben in einem anderen Land, noch dazu mit schmalem Budget, erfordert natürlich hier und da auch mal Kompromissbereitschaft und Improvisationsvermögen. Zum Beispiel dann, wenn Du Dich im Ausland nicht gleich in ein gemachtes Nest setzen willst, sondern erst Zeit und Geduld in Dein eigenes Haus und Deinen eigenen Garten investieren musst. So wie ich. Noch wohne ich zur Miete, demnächst aber habe ich ein Haus, das mich künftig miet- und steuerfrei beherbergt, und einen Garten mit fast viertausend Quadratmetern, der mich künftig ernährt.
Provisorisches Auswanderer-Leben
Ich bin alles andere als ein Handwerker und habe von Hausbau null Ahnung. Aber ich bin lernfähig und möchte darum versuchen, so viel wie möglich selber zu machen. So habe ich mir erst mal eine provisorische Küche eingerichtet, besser als gar keine. Das reicht, um mir mal eine Suppe warmzumachen. Händewaschen und Duschen ? Klar, der Gartenschlauch ist erst mal lang genug. Fließend Wasser ? Habe ich, doch hat es mich zwei Tage harte Arbeit gekostet, die Zuleitung auf etwa 20 Metern Länge in die Erde zu buddeln. Bei 30 Grad. Dankenswerterweise habe ich keine Steine oder Felsen im Boden, der dazu durch den Regen auch sehr weich ist. Worüber soll ich mich also beschweren ? Der Besitzer dieses Hauses hier wird eines Tages wohl wesentlich mehr Arbeit haben als ich…
Giftmüll im Garten
Beschweren kann ich mich höchstens über den Chemie-Schaumstoff-Polyurethan-Müll, den meine Vorbesitzer in Massen auf meinem Hof zurückgelassen haben. Alles immerhin unter zwei schönen Bananenpflanzen.
Keine Ahnung, was genau das für Zeug ist und was jemand damit gemacht haben könnte – es muss weg ! Mein Arbeiter aus dem Dorf hat zwei Tage gut zu tun, den Rotz einzusammeln und in Müllsäcke zu verpacken. Nicht mehr und nicht weniger als achtzig große Müllsäcke kommen da zusammen !
Die Korallen – Otter
Warum sich aber ausgerechnet eine wunderschön anzusehende Korallenschlange in diesem Müll wohlgefühlt hat, bleibt mir ein Rätsel. Fragen kann ich sie nicht mehr, denn mein Arbeiter hat sie beim Müllsammeln entdeckt und sicherheitshalber gleich erledigt. Ob sie zu den giftigen Korallen-Ottern gehört, konnte ich auch durch intensives „gugeln“ nicht herausfinden, im Zweifelsfall aber ja. Jedenfalls habe ich sie gleich in Alkohol eingelegt und für die Nachwelt bewahrt.
Wohin mit achtzig Säcken Sondermüll ?
Der Schaumstoff-Müll ist eingesammelt, von Schlangenresten befreit und liegt zum Abtransport bereit. Doch wer wird ihn abtransportieren, frage ich mich und das frage ich auch meinen Arbeiter. Wir sind hier in Panama, noch dazu auf dem Dorf… Den Jungs von der Müllabfuhr, die bei mir übrigens gratis ist, möchte ich das nicht zumuten. Dann wäre der Laster voll.
Ich überlege mir, den Müll selbst zu entsorgen und bringe in Erfahrung, wo die nächste Mülldeponie ist. Noch am selben Tag mache mich mal ohne was mitzunehmen auf die Suche. Also, ich hab ja hier in Panama keine High Tech Müllverbrennungsanlage erwartet, und auch kein Sicherheits-Areal mit Schildern und Hinweisen. War auch gar nicht nötig, denn den Weg finde ich recht schnell. Was ich dann aber sehe, zieht mir glatt die Schuhe aus !
Schon die Abzweigung von der Hauptstraße Richtung Mülldeponie ist von Müll gesäumt, der es wohlirgendwie nicht mehr ganz zur Deponie geschafft hat. Ist wohl von den überfüllten Lastern gefallen und gleich mal dort liegengeblieben. Nach etwa fünf Minuten Schotterpiste komme ich an der Deponie an und frage, ob ich in der nächsten Woche hier meinen Müll herbringen könnte. Ja klar, kein Problem. OK. Dann schaue ich mich kurz um. Nun ja, ich lass die Bilder mal sprechen…. Ich hab´s ja vorher gesagt, das Leben in einem anderen Land ist nicht immer nur Sonnenschein !
Vier oder fünf Fuhren werde ich mit meinem Pick Up wohl hierher machen müssen, bis der Dreck von meinem Hof verschwunden ist.
Plötzlich kein Wasser mehr
Grad bin ich dabei, nach getaner Arbeit meine Gartengeräte zu reinigen, da habe ich kein Wasser mehr. Zeitgleich höre ich vom Nachbarn nebenan schon ein zischendes Geräusch. Ich gehe rüber, die Hauptwasserleitung ist bei ihm geplatzt. Kein Wunder, die meisten Wasserleitungen legen die Leute hier auch auf die Erde statt hinein.
Ich hole ein paar Ersatzrohre, Verbindungsstücke und Kleber, und nach zehn Minuten ist das Rohr wieder geflickt. Mein Nachbar ist 67, lebt alleine, sitzt im Rollstuhl und kann es nicht selbst machen. Er freut sich riesig über die Hilfe, bedankt sich und gibt mir ein paar Avocados aus seinem Garten mit. Das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe. Vier Tage später ist er gestorben.
Leben und Tod liegen dicht beieinander
Davon habe ich gleich morgens erfahren, als ich früh um acht zu meinem Haus gefahren bin, um weiter zu arbeiten. Meine sonst so ruhige Zufahrt, bei der vielleicht fünf Leute die Woche vorbeilaufen, verwandelt sich an diesem Tag zu einer wahren Pilgerroute. Das halbe Dorf kommt im Laufe des Tages zum Haus meines Nachbarn, um der Familie zu helfen oder Beileid zu bekunden oder sie sind einfach nur neugierig. Ich selbst weiß nicht so richtig, was ich machen soll. Ich kenne noch nicht so viele Leute hier. Die Beisetzung soll noch am selben Tag um 17 Uhr sein, das erfahre ich. Also beende ich meine Haus- und Gartenarbeit so gegen vier, mach mich sauber und gehe mal rüber.
Letztendlich kann ich ein bisschen helfen, in dem ich ein paar Leute mit dem Auto zum Friedhof mitnehme. Vier auf den Sitzen, fünf hinten auf der Ladefläche, und los geht’ s im Konvoi die knapp drei Kilometer. So eine Trauerfeier ist hier in Panama auf dem Dorf scheinbar schnell organisiert. Der Pastor hält eine knapp 20 minütige Laudatio auf den Verstorbenen, die ich sogar recht gut verstehen kann. Das war es dann aber für mich, ich mach mich wieder zurück auf den Heimweg.
Supermarkt-Angebot
Auf dem Heimweg gehe ich noch schnell ein bisschen Einkaufen. Ich mach´s kurz: Erschreckend einseitig ist hier in Panama das Angebot an Zahnpasta, nämlich ein extrem breites Sortiment von genau zwei Marken: Oral B und Colgate. Erfreulich dagegen, dass es hier ab und an auch mal Oldenburger Käse gibt, nämlich Havarti, und mit etwa zehn Dollar pro Kilo auch nicht überproportional teuer.
Was für eine Woche… Bürgerkrieg ? Straßenschlachten ? G20-Kriminelle ? Nee, nicht in Panama ! Die Leute hier fragen mich schon, was denn nur in Deutschland los ist. Tja, watt soll ich da sagen…?
Wie auch immer, mein Soundtrack der Woche:
Nummer Eins: THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA “Gemini” und das gesamte Album “Amber Galactic”
Nummer Zwei: BLACK STAR RIDERS “Dancing with the wrong Girl” und das gesamte Album “Heavy Fire”
Wer schreibt hier eigentlich ?
Wenn Du wissen möchtest, wer ich bin, warum und wohin ich ausgewandert bin und wie ich mein Auswanderungsziel gefunden habe, dann schau mal HIER vorbei !
Carsten
Juli 17, 2017 @ 7:17 pm
Hallo Thomas, freut mich, vielen Dank ! Der nächste Stammtisch ist mit Sicherheit im August, genaues Datum steht noch nicht fest. Ich meld mich gern mal per Telefon, bin ab und an mal in der Gegend Playa Blanca bis Coronado unterwegs. Viele Grüße – Carsten