Thälmann-Subottnik in Panama
Wisst Ihr, was ein Thälmann-Subottnik ist ? Nun, wer in der DDR groß geworden ist, erinnert sich sicher noch daran. Für alle, die es nicht wissen: So nannte man freiwillige Schülereinsätze, bei denen irgendwo in der Stadt, in der Gemeinde oder in der Schule gemeinsam etwas repariert, ausgebessert oder neu angestrichen wurde, oder wenn freiwillig irgendwo Rasen gemäht, Müll gesammelt oder sonstwo etwas fürs Gemeinwohl organisiert wurde. Warum das eine gute Sache war und wie das auch heute noch in Panama funktionieren kann, das erzähle ich gleich.
Das Wetter jedenfalls ist heute am meinem ersten Tag in Kusapin ziemlich bescheiden. Es regnet dauernd, und Besserung ist auch nicht wirklich in Sicht. Also gleich einen schönen Strand suchen und Baden gehen ist nicht. Ich mache das Beste draus und bleibe erst mal nur in der Nähe meiner Unterkunft. Das Haus ist auch gleichzeitig ein Restaurant und es liegt etwa zwanzig Meter vom Ufer entfernt am Meer.
Kurz umgeschaut
Recht schnell bin ich von etwa sieben bis acht Kindern umringt, die sich alle gespannt und neugierig für den Fremden interessieren. Sie sind so etwa zwischen fünf und zehn Jahre alt. Meine inzwischen deutlich fortgeschrittenen Spanisch-Kenntnisse erlauben es mir, mich mit den Kids und auch mit den Erwachsenen relativ gut zu unterhalten. Fast gleichzeitig fällt mir unten am Ufer etwas Unangenehmes auf:
Jede Menge Müll. Vor allem Getränkedosen und Plastikflaschen in rauen Mengen. Das ist allerdings ein Problem, auf das ich gleich nochmal kommen werde. Auch die sauberste Stelle vor dem Haus mit geradezu jungfräulichem Aussehen und makellosem Anstrich gibt mir zu denken. Es ist – der öffentliche Mülleimer.
Jetzt aber, in diesem Moment, habe ich eine Idee. Für den Fall dass ich mal auf Kinder treffe, habe ich immer einen Beutel mit kleinen Spielsachen bei mir. Das sind Glasmurmeln, Matchbox-Autos, Tennis-, Golf- und Baseball, ein Spiegel, eine Kinder-Armbanduhr, Ü-Eier-Figuren und all so was. Jetzt, denke ich mir, kann ich hier mal was Lustiges ausprobieren. Damit kommen wir auch wieder zum Thälmann-Subottnik.
Also, ich grabbele vor den Kindern in meiner „Bolsa Magico“, also meinem Magischen Beutel, herum und fische einen Golfball heraus. „Wer möchte den haben ?“ frage ich die Kids und halte den Ball hoch. „Ich, ich, ich“, … tönte es mir erwartungsgemäß entgegen. „Ok“, sage ich, „dieser Ball hat einen Wert von fünfzehn Bierdosen. Wer mir als erster fünfzehn Bierdosen da vom Ufer hierher bringt, der bekommt diesen Ball.“ Alle schauen mich an. Klar wissen die jüngeren noch gar nicht, was fünfzehn ist, die älteren vielleicht auch nicht, aber sie haben verstanden worum es geht. „Und los!“ sage ich.
Da flitzen alle runter zum Ufer und fangen an, fleißig Bierdosen einzusammeln und vors Haus zu bringen. Nach etwa drei Minuten sage ich „Stopp!“ und sehe mir das Ergebnis an. Nachzählen tut hier natürlich niemand, ich küre einen Gewinner und überreiche ihm den Golfball. Boah, die Freude ist groß, und weiter geht’s.
Ich fische ein Matchbox-Auto aus meiner Tüte, das selbe Spiel: „Wer möchte den?“ „Ich, ich, ich“, lautet die vielstimmige Antwort. Diesmal muss mir aber jeder zwanzig statt nur fünfzehn Dosen bringen, der schnellste gewinnt.
So geht das etwa anderthalb Stunden, einige Anwohner und Passanten schauen dem munteren Treiben amüsiert zu und feuern die Kids an. Mein Spielzeug-Beutel leert sich zusehends, ebenso der Müllberg am Ufer. Auch die Plastikflaschen werden auf diese Weise eingesammelt. Ich stelle sicher, dass jeder der Jungs zum Gewinner wird und am Schluss keiner mehr oder weniger gewonnen hat als der andere. Miguel, mein Gastwirt, hat inzwischen ein paar Müllsäcke organisiert, wo wir alle zusammen den ganzen Kram reinpacken und erst einmal beiseite stellen. Spaß gemacht hat es auf jeden Fall, sowohl den Kids und auch mir. Ich hoffe nur, dass zumindest dieser Müll irgendwie irgendwann halbwegs sauber verschwindet….
Ja, was willste sonst machen bei so ´nem Schmuddelwetter ? Ich freue mich hier auf die Strände und die wirklich unberührte, unerforschte Natur und hoffe einfach, dass morgen besseres Wetter ist.
Das karibische Müll-Problem
Zum ganzen Müll bleibt mir nur zu sagen, dass hier an der Karibikküste natürlich sehr viel Müll vom Meer angespült wird. Daran ist natürlich nicht das Meer schuld. Ebenso ist es verständlich, dass die Menschen hier auch gerne halbwegs gut essen, trinken und sich versorgen möchten. Alles muß aufwändig per Boot hergeschafft werden, ich war ja live dabei heute morgen. Sie haben hier allerdings keine Möglichkeit, mit Verpackungsmüll umzugehen. Der bleibt dann leider halt liegen dort wo er entstanden ist, bestenfalls wird er mal vergraben oder verbrannt. Auch Getränke wie Bier, Cola oder Wasser können hier nicht in Kästen mit Glasflaschen hergebracht werden. Erstens gehen sie garantiert kaputt bei der Überfahrt, so wie ich sie erlebt habe. Außerdem hätte niemand Platz an Bord, um solche Sachen wieder mit zurück an Land zu nehmen.
Es wird dunkel, ich bin k.o., Zeit zum Schlafen, hoffentlich gibt’s morgen ordentliches Wetter. Wenigstens ohne Regen!